Chronik

Nach dem Runden Tisch: Ist das der Durchbruch im Projekt Hotel Silber?

Nach 14 Monaten tagte am 23. Februar 2015 endlich wieder der Runde Tisch zum Projekt Hotel Silber. Von allen Beteiligten wurde mit Spannung erwartet, ob eine Verständigung von Stadt und Land zu den offenen Fragen erreicht werden kann. Für die Initiative Lern- und Gedenkort Hotel Silber waren die Fragen zur Organisationsstruktur der künftigen Einrichtung und die Vereinbarungen zur  Mitwirkung der Initiative besonders wichtig, ebenso wie die veränderten Voraussetzungen für die Einbeziehung der zweiten Etage ins Projekt und  die Klärung der Finanzierungsfragen zwischen Stadt und Land. Unsere Initiative hatte zum Runden Tisch ein Papier vorgelegt („Jetzt werden die Weichen gestellt!“), in dem unsere Sicht auf den Entwicklungsprozess dargestellt und die für uns zentralen Voraussetzungen des Gelingens formuliert wurden.

Das Ergebnis kann sich sehen lassen; das Projekt ist jetzt einen großen Schritt vorangekommen.
Klar ist jetzt:

1. Stadt und Land haben sich über die noch offenen Finanzierungsfragen verständigt.

2. Die bis 2017 an die Firma Breuninger vermietete zweite Etage wird wieder ins Projekt einbezogen, nachdem das Untergeschoss als nutzbare Fläche weggefallen ist. So wird dort Platz geschaffen für Wechselausstellungen und für einen Arbeitsraum der Initiative. Die zugesagte Gesamtfläche von 1000 qm für den Lern- und Gedenkort wird wieder erreicht. Keine Einigung gab es zum Umgang mit dem Bereich der Verwahrzellen im Untergeschoss. Die Initiative bleibt hier bei ihrer Haltung, dass mit diesem Bereich sensibel umgegangen werden muss, dass hier keine irreversiblen Tatsachen geschaffen werden dürfen und dass perspektivisch nach einer Lösung gesucht werden muss, diesen Bereich ins Projekt einzubeziehen.

3. In den Grundzügen gab es auch eine Einigung zu den Gremien der neuen Einrichtung:
– Im Verwaltungsrat, dem Entscheidungsgremium, soll das Land vier Sitze, die Stadt und die Initiative je zwei Sitze bekommen. Das ist für uns akzeptabel.
– Im Programmbeirat ist der Einfluss der Initiative gesichert; dort sollen neben Land und Stadt und Initiative auch Vertreter_innen der Landesarbeitsgemeinschaft der Gedenkstätten und der Landeszentrale für politische Bildung mitwirken.
– In der Frage des wissenschaftlichen Beirats konnten wir unsere Vorstellung eines eigenständigen, interdisziplinär besetzten Beirats nicht durchsetzen; die wissenschaftliche Begleitung des Projektes soll der Beirat des Hauses der Geschichte mit übernehmen. Als Kompromiss wurde angeboten, dass die Initiative für diesen Beirat zwei Wissenschaftler_innen benennen kann. Diese können bei Bedarf auch im Programmbeirat mitwirken.
– Der Runde Tisch soll auch in Zukunft einmal im Jahr tagen und die Verbindung des Projekts mit Gesellschaft und Politik sichern. Unzufriedenheit gab es mit der vorgesehenen Zusammensetzung. Dass die Opferverbände in Zukunft nicht mehr vertreten sein sollen, stieß auf Unverständnis. Das soll noch einmal überdacht werden.

4.  Die Mitwirkung der Initiative im Gestaltungswettbewerb für die Dauerausstellung ist gesichert. Die Initiative wird zwei Personen für die Jury stellen

 Sie soll auch an der weiteren Ausarbeitung des Ausstellungskonzeptes mitwirken können.  In diesem Kontext wird dann auch nach einer Lösung für den Bereich der Verwahrzellen gesucht werden. Ebenfalls wird zu klären sein, wie mit wissenschaftlichen Kontroversen umgegangen wird, die – wie schon bisher – bei der Arbeit an der Ausstellung zu Tage treten.

5. Noch zu klären ist das Raumnutzungskonzept fürs Erdgeschoss. In der Bauuntersuchung wurden hierfür zwei Varianten vorgelegt. Ein Gespräch zu diesem Thema steht an;  die Bedarfseinschätzung  der Initiative konnte bisher noch nicht eingebracht werden.

6. Mit Spannung haben wir die Vorstellungen von Land und Stadt zur Bürgerbeteiligung im Projekt erwartet. Uns war und ist wichtig, dass diese Beteiligung über die Vertretung in Gremien hinausgeht, dass sie eine tatsächliche Mitwirkung im Alltag der Einrichtung einschließt.  Zuversichtlich hat uns hier die Haltung von Oberbürgermeister Kuhn gestimmt,  der erklärte, dass die institutionelle  Verankerung der Bürgerbeteiligung  die Bedingung für die Beteiligung der Stadt am Projekt sei.
Die Bürgerbeteiligung soll vertraglich auf zweierlei Art vertraglich gesichert werden:
– Die Vertretung der Initiative in den Gremien der Einrichtung soll in der Finanzierungs- und Organisationsvereinbarung festgeschrieben werden. Jedoch wird dies ein bilateraler Vertrag zwischen Land und Stadt; zu einem Vertrag zwischen drei Partnern konnten sich Land und Stadt nicht durchringen.
– Die praktische Mitwirkung der Initiative im Leben der Einrichtung soll in einer Nutzungs- und Beteiligungsvereinbarung verankert werden, die zwischen dem Haus der Geschichte als Träger und der Initiative abgeschlossen wird.  Sie enthält zwei Elemente:
– Die Initiative und ihre Mitgliedsorganisationen bekommen die Möglichkeit in eigener Verantwortung im Haus Veranstaltungen durchzuführen.
– In der zweiten Etage soll die Initiative einen eigenen selbstverwalteten Raum bekommen, um von dort aus das bürgerschaftliche Engagement in der Einrichtung zu organisieren.
Ein erster Entwurf einer solchen Vereinbarung wurde beim Runden Tisch vorgelegt. Hier wird noch einiges zu klären sein. Vereinbart wurde, dass noch im März hierüber verhandelt wird.

Wenn es jetzt gelingt, hier ein für alle Beteiligten befriedigendes Ergebnis auszuhandeln, so wäre der von uns immer wieder eingeforderte Gestaltungsspielraum für bürgerschaftliches Engagement im Hotel Silber gesichert, so wäre das  tatsächlich der Durchbruch, so wäre die Tür offen für den Weg zu einem in der Gedenkstättenlandschaft bisher ungewöhnlichem Zusammenwirken einer etablierten Institution wie dem Haus der Geschichte mit einer in der Zivilgesellschaft breit vernetzten Bürgerinitiative.