Verein

Wer wir sind.

Den Abriss verhindert

Im Jahr 2008 wurden Pläne bekannt, das Hotel Silber für ein kommerzielles Bauprojekt abzureißen, die Organisationen der Erinnerungsarbeit in Stuttgart und der Region schlossen sich zusammen, um dies zu verhindern. Das Aktionsbündnis wuchs schnell auf 26 Organisationen an und viele Einzelpersonen beteilgten sich. Sie hatten seit Jahren den Kontakt zu überlebenden NS-Opfern aufrechterhalten, die Biographien von Opfern und Tätern des NS-Regimes erforscht, Stolpersteine verlegt, Veröffentlichungen zur regionalen NS-Geschichte herausgegeben. Die Initiative forderte die Erhaltung des Gebäudes als Lern- und Gedenkort, als „steinernen Zeugen“ der NS-Zeit im Stadtbild.

Dank des hartnäckigen Engagements dieser Initiative wurde der Ort wieder aus der Vergessenheit ins öffentliche Bewusstsein gehoben. Es konnte erreicht werden, dass die neue grün-rote Landesregierung nach der Landtagswahl 2011 den Erhalt des Gebäudes zusagte. 2013 haben Stadt und Land sich zur Finanzierung eines Lern- und Gedenkortes verpflichtet. 2016 unterzeichneten die Stadt Stuttgart und das Land Baden- Württemberg einen Kooperationsvertrag zur Einrichtung eines Lern- und Gdenkortes . Ein“Bürgerbeteiligungs- und Nutzungsvertrag“ regelt die Zusammenarbeit der Trägers Haus der Geschichte Baden- Württemberg mit der Initiative Lern- und Gedenkort Hotel Silber .

Die Initiative ist seit März 2012 ein eingetragener Verein.

Wir werden gefördert von der Stadt Stuttgart.

In der„Initiative Lern- und Gedenkort Hotel Silber e.V.“ sind  zurzeit 26 Initiativen und Vereine zusammengeschlossen…

Was wir wollen.

Den Lern- und Gedenkort gestalten

Das Hotel Silber ist ein Ort der gegenwartsbezogenen Auseinandersetzung mit der NS Geschichte Stuttgarts und Württembergs, der demokratisches Verhalten und die Akzeptanz menschlicher Vielfalt fördert. Gesellschaftliche Entwicklungen sollen mit dem Wissen um die Geschichte kritisch begleitet und diskutiert werden.

Couragiertes Handeln gegen alle Formen der gruppenbezogenen Menschenfeindlichkeit soll hier gestärkt werden, eine Gewöhnung an populistische Hetze oder Aufmärsche von Neonazisund eine schleichende Anpassung der Mehrheitsgesellschaft an einen zunehmend verrohten Umgangston darf es nicht geben. Solidarisierung mit von Rassismus und Ausgrenzung betroffenen Gruppen ist in Zeiten eines europaweiten Erstarkens nationalistischer und faschistischer Kräfte genauso notwendig wie das Vermitteln von fundiertem Wissen über die Vergangenheit, wenn diese Kräfte versuchen die Geschichte im völkischen Sinne umzudeuten.

Täter-Ort in Transformation: das Hotel Silber– ehemals Sitz des mächtigsten Terrorinstruments der NS-Diktatur – soll ein lebendiger Ort der Kooperation und Kommunikation werden, der Begegnung und Austausch zwischen Jung und Alt, zwischen den Nachfahren von Opfern und Tätern und zwischen unterschiedlichen gesellschaftlichen Gruppen ermöglicht.

Für all diese Ziele ist weiterhin eine breite bürgerschaftliche Unterstützung und Beteiligung unerlässlich.

Die Initiative beteiligt sich:

  • an der Gestaltung des Programms des Hotel Silber
  • mit eigenen Veranstaltungen
  • mit Führungen/Rundgängen zum Themenfeld
  • durch Unterstützung von Schulprojekten und Recherchen

Diese Zusammenarbeit einer bürgerschaftlichen Initiative mit einer etablierten Institution und staatlichen und kommunalen Stellen mit dem Anspruch auf substanzielle Bürger_innenbeteiligung ist ein Projekt das als „deutschlandweit einzigartig“ beschrieben wird.

Wofür die Initiative eintritt

  • Das Hotel Silber soll ein (Lern- und Bildungs-)Ort der gegenwartsbezogenen Auseinandersetzung mit der NS-Geschichte Stuttgarts und Württembergs werden, der  demokratisches Verhalten und die Akzeptanz menschlicher Vielfalt fördert
  • Aktivität und Zivilcourage gegen alle Formen der Ausgrenzung und gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit sollen hier gestärkt werden, eine Gewöhnung an populistische Hetze oder Aufmärsche von Neonazis darf es nicht geben.
  • Ein lebendiger Ort der Kooperation und Kommunikation soll hier entstehen, der Begegnung und Austausch zwischen Jung und Alt, zwischen den Nachfahren von Opfern und Tätern und zwischen unterschiedlichen gesellschaftlichen Gruppen ermöglicht

Geschichte der Initiative:

Aus dem Forderungskatalog in der Chronik der Initiative im Jahr 2009:

Warum ein Gedenk-, Lern- und Forschungsort im „Hotel Silber“?

Stuttgart ist eine der wenigen Großstädte, die keine NS-Dokumentationsstätte besitzt, obwohl mit dem „Hotel Silber“ in der Dorotheenstraße 10 ein authentisches Gebäude und Inbegriff der nationalsozialistischen Schreckensherrschaft noch vorhanden ist.

In Berlin gibt es seit 1990 die Topographie des Terrors, in Köln seit 1988 die Gedenkstätte und das NS-Dokumentationszentrum im EL-DE-Haus, in München ist eine Gedenkstätte in Planung.

„Erinnern ohne Ort ist blind. Erinnerungsfähigkeit bedarf einer festen Verortung, zu der die erlebbaren Zeugnisse ihrer Geschichte gehören. Die unverwechselbaren Orte/Bilder einer Stadt, die im kollektiven Gedächtnis niedergelegte erinnerte Vergangenheit, sind die besten Begleiter ‚aus dem Einst, dem Jetzt ins Demnächst‘, aus der Vergangenheit, der Gegenwart in die Zukunft. Mit dem Entzug, dem Verlust der Aussen- und Innenbilder, entsteht eine ort-, bilderlose, verdinglichte, entleerte, entzauberte Welt. Damit wird den Menschen das Gedächtnis, ihre Erinnerung, ihre Geschichte geraubt. Das Hotel Silber ist eines der wenigen, nicht zerstörten Gebäude des 19. Jahrhunderts, das gemeinsam mit dem Gegenüber, dem barock-klassizistischen Waisenhaus, ein Ensemble darstellt, das in dieser von Krieg, Nachkriegs-Planung und Wiederaufbau bis zum geht-nicht-mehr heimgesuchten Stadt noch eine Ahnung Alt-Stuttgarts, ein Stück „Begehbares Gedächtnis“ vermittelt.“

Der Stuttgarter Architekt Roland Ostertag schreibt in einem Text zum Erhalt des Hotel Silber

Die Dorotheenstraße, die übrigens 1937-1945 „Wilhelm-Murr-Straße“ hieß, war ein richtiggehendes „NS-Dreieck“. Denn außer dem „Hotel Silber“ befand sich in der Dorotheenstraße 8 das Innenministerium, in dem die Euthanasieaktionen geplant wurden, die 10.600 württembergischen Behinderten das Leben kostete, sowie das „Alte Waisenhaus“ am Charlottenplatz 17, welches das Deutsche Auslandsinstitut (DAI) beherbergte, eine Einrichtung, die an der Verwissenschaftlichung der nationalsozialistischen Rassenideologie arbeitete. Auch diese Einrichtungen und ihre Rolle sollten in der geplanten Gedenkstätte entsprechende Berücksichtigung finden.

Das Land Baden-Württemberg, die Firma Breuninger und die Stadt, die das da Vinci Projekt zur Neuordnung des Areals zwischen den bestehenden Gebäuden des Kaufhauses Breuninger, der Sporer-, der Münz-, der Dorotheen- und der Hauptstätterstraße betreiben, gehen bisher davon aus, dass das frühere Hotel Silber abgerissen werden kann. Sie begründen ihre Befürwortung des Abrisses damit, das Gebäude sei 1945 völlig zerstört gewesen.

Dies ist nicht richtig.

Aus unseren – in wochenlanger Kleinarbeit zusammengetragenen Unterlagen (Baupläne, Fotos, Zeitungsartikel) – ergibt sich zweifelsfrei, dass das heutige Gebäude Dorotheenstraße 10 kein Neubau nach 1945 ist, sondern dass das Gebäude nach Kriegsende noch über die Hälfte seiner ursprünglichen Substanz (Fassaden, Keller) aufwies, so dass es als eines der wenigen Gebäude in der Innenstadt rasch wieder aufgebaut und einer Nutzung zugeführt werden konnte.

Die Initiative Gedenkort Hotel Silber ist im übrigen nicht die erste, die auf die Notwendigkeit des Erhalts hinweist, sondern dies wurde in den letzten Jahrzehnten schon mehrere Male getan (u. a. von Eugen Eberle, Wolfgang Höper, Roland Ostertag).

Die Initiative Lern- und Gedenkort „Hotel Silber“ fordert:

Das Hotel Silber zu erhalten und nicht abzureißen.

Die Einrichtung einer Gedenkstätte mit NS-Dokumentationszentrum, als Lernort und Bildungsstätte, mit Bibliothek und Räumen für Veranstaltungen, nach dem Vorbild des seit 1981 bestehenden EL-DE Hauses in Köln.

Die nach 1945 aufgebrachten Übertünchungen in den Kellerräumen wieder behutsam wie in Köln zu entfernen, um festzustellen, ob und welche Inschriften und Zeichnungen der dort inhaftierten Menschen noch erhalten sind, um diese zu restaurieren.

Eine ständige Ausstellung zum Thema „Stuttgart im Nationalsozialismus“ einzurichten, die bei der Eröffnung der geforderten Gedenkstätte gezeigt wird.

Einrichtung einer Forschungsstelle, die weitere Unterlagen über die NS-Zeit in Stuttgart und Württemberg zusammenträgt und die Biographien von Opfern und auch von Täterinnen und Tätern erforscht.