Gegen das Vergessen – aus und mit der Geschichte lernen
Zum dritten Mal führen das Sozialamt der Landeshauptstadt Stuttgart und der Gemeindepsychiatrische Verbund eine Gedenkveranstaltung für die Opfer des Euthanasieprogramms der Nationalsozialisten durch.
Freitag, den 18. Januar 2019,
Haus der Katholischen Kirche, Königstraße 7, 70173 Stuttgart
Am 18.01.1940 erreichte der erste „graue Bus“ aus der psychiatrischen Anstalt München-Haar die Anstalt Grafeneck. Die Insassen des Busses waren psychisch kranke Menschen, die in Grafeneck der Euthanasie zum Opfer fielen und ermordet wurden.
Das Gedenken richtet sich nicht allein an die unsäglichen Geschehnisse der damaligen Zeit. Vielmehr geht es darum, die Geschichte mit der Gegenwart und der Zukunft zu verknüpfen. Nur die kritische Reflexion und die Auseinandersetzung mit der Vergangenheit ermöglichen letztlich eine demokratische, gerechte und humane Gestaltung von Gegenwart und Zukunft.
Mindestens 200.000 psychisch kranke Menschen und Menschen mit Behinderung wurden während der Zeit des Nationalsozialismus im Rahmen des Euthanasieprogramms umgebracht. Die große Mehrheit der Opfer hatte Angehörige. In welcher Lage befanden sich die Angehörigen dieser dem Tod geweihten Men-schen? Wie sind die Angehörigen mit der Ermordung der psychisch kranken Menschen und Menschen mit Behinderung umgegangen? Welche Unterstützung erhielten sie während der Zeit und in der Zeit nach dem Nationalsozialismus in den 50er-Jahren bis heute?
Vielfach wurden psychisch kranke Menschen verfolgt und im Rahmen der Vererbungstheorien häufig un-ter Generalverdacht gestellt, „defizitäre Gene“ weiterzuvererben und die größenwahnsinnige Ideologie der reinen arischen Rasse zu kontaminieren. Aus diesen und anderen Gründen wurden psychisch kranke Menschen und Menschen mit Behinderung von ihren Angehörigen oft versteckt oder in wohlmeinender Absicht in die Obhut der Anstalten gegeben. Viele wurden trotz dieser Risiken und Stimmungen wieder nach Hause geholt als das Euthanasieprogramm nach und nach durchsickerte. Sicher gab es auch Bei-spiele der Zustimmung zum sogenannten Gnadentod seitens der Angehörigen. Eines ist jedoch festzuhal-ten: Ein Urteil aus heutiger Sicht über diese Angehörigen zu fällen, die unter den unzumutbaren Bedin-gungen der Unrechtsverhältnisse lebten, ist nicht zulässig ohne eine differenzierte und sorgfältige Be-trachtung und Analyse.
Wie gehen heute die Angehörigen der zweiten und dritten Generation der Opfer mit der familiären Ver-gangenheit um? Wir finden (endlich) eine Bewegung vor, die in den zurückliegenden 10 bis 15 Jahren ent-standen ist und sich ausgebreitet hat. Im ganzen Bundesgebiet gibt es immer mehr Angehörige, die Fra-gen zum damaligen Geschehen stellen, die Archive aufsuchen, recherchieren und eine Antwort suchen, was mit ihren in der Familie fast schon regelmäßig tabuisierten Angehörigen passiert ist. Immer mehr An-gehörige treten an die Öffentlichkeit heran und haben mit dem Tabu der Nachkriegsgeneration gebro-chen. In gleichem Maße ist es uns von wesentlicher Bedeutung, mit den Beiträgen die Verbindung zu heu-tigen Entwicklungen und Situationen herzustellen: Wie erleben sich Angehörige mit ihrem Bemühen und ihrer Sorge um ihre psychisch erkrankten Familienmitglieder unter den derzeitigen gesellschaftlichen Be-dingungen?
Die beiden Vorträge beschäftigen sich mit geschichtlichen Entwicklungen und Realitäten (Thomas Stöckle) und mit einem beeindruckenden Beitrag einer Angehörigen, welcher sich der Suche nach dem Schicksal ihrer Angehörigen und dem Umgang damit widmet (Renate Michel).
Grußwort: Werner Wölfle, Bürgermeister für Soziales und gesellschaftliche Integration
Einführung: Dr. Klaus Obert, Caritasverband für Stuttgart e. V. und Rosel Tietze, Landeshauptstadt Stuttgart, Sozialplanung
Vortrag „Bevölkerung und Angehörige im Angesicht der NS-„Euthanasie“
Thomas Stöckle M. A., Historiker und Leiter der Gedenkstätte Grafeneck e. V.
Vortrag „Das Schweigen brechen – die heilsame Aufarbeitung einer Familiengeschichte“
Renate Michel, Großnichte von Karoline Franz, deren Schicksal sie erforscht hat,
Gegen das Vergessen – aus und mit der Geschichte lernen
Zum dritten Mal führen das Sozialamt der Landeshauptstadt Stuttgart und der Gemeindepsychiatrische Verbund eine Gedenkveranstaltung für die Opfer des Euthanasieprogramms der Nationalsozialisten durch.
Freitag, den 18. Januar 2019,
Haus der Katholischen Kirche, Königstraße 7, 70173 Stuttgart
Am 18.01.1940 erreichte der erste „graue Bus“ aus der psychiatrischen Anstalt München-Haar die Anstalt Grafeneck. Die Insassen des Busses waren psychisch kranke Menschen, die in Grafeneck der Euthanasie zum Opfer fielen und ermordet wurden.
Das Gedenken richtet sich nicht allein an die unsäglichen Geschehnisse der damaligen Zeit. Vielmehr geht es darum, die Geschichte mit der Gegenwart und der Zukunft zu verknüpfen. Nur die kritische Reflexion und die Auseinandersetzung mit der Vergangenheit ermöglichen letztlich eine demokratische, gerechte und humane Gestaltung von Gegenwart und Zukunft.
Mindestens 200.000 psychisch kranke Menschen und Menschen mit Behinderung wurden während der Zeit des Nationalsozialismus im Rahmen des Euthanasieprogramms umgebracht. Die große Mehrheit der Opfer hatte Angehörige. In welcher Lage befanden sich die Angehörigen dieser dem Tod geweihten Men-schen? Wie sind die Angehörigen mit der Ermordung der psychisch kranken Menschen und Menschen mit Behinderung umgegangen? Welche Unterstützung erhielten sie während der Zeit und in der Zeit nach dem Nationalsozialismus in den 50er-Jahren bis heute?
Vielfach wurden psychisch kranke Menschen verfolgt und im Rahmen der Vererbungstheorien häufig un-ter Generalverdacht gestellt, „defizitäre Gene“ weiterzuvererben und die größenwahnsinnige Ideologie der reinen arischen Rasse zu kontaminieren. Aus diesen und anderen Gründen wurden psychisch kranke Menschen und Menschen mit Behinderung von ihren Angehörigen oft versteckt oder in wohlmeinender Absicht in die Obhut der Anstalten gegeben. Viele wurden trotz dieser Risiken und Stimmungen wieder nach Hause geholt als das Euthanasieprogramm nach und nach durchsickerte. Sicher gab es auch Bei-spiele der Zustimmung zum sogenannten Gnadentod seitens der Angehörigen. Eines ist jedoch festzuhal-ten: Ein Urteil aus heutiger Sicht über diese Angehörigen zu fällen, die unter den unzumutbaren Bedin-gungen der Unrechtsverhältnisse lebten, ist nicht zulässig ohne eine differenzierte und sorgfältige Be-trachtung und Analyse.
Wie gehen heute die Angehörigen der zweiten und dritten Generation der Opfer mit der familiären Ver-gangenheit um? Wir finden (endlich) eine Bewegung vor, die in den zurückliegenden 10 bis 15 Jahren ent-standen ist und sich ausgebreitet hat. Im ganzen Bundesgebiet gibt es immer mehr Angehörige, die Fra-gen zum damaligen Geschehen stellen, die Archive aufsuchen, recherchieren und eine Antwort suchen, was mit ihren in der Familie fast schon regelmäßig tabuisierten Angehörigen passiert ist. Immer mehr An-gehörige treten an die Öffentlichkeit heran und haben mit dem Tabu der Nachkriegsgeneration gebro-chen. In gleichem Maße ist es uns von wesentlicher Bedeutung, mit den Beiträgen die Verbindung zu heu-tigen Entwicklungen und Situationen herzustellen: Wie erleben sich Angehörige mit ihrem Bemühen und ihrer Sorge um ihre psychisch erkrankten Familienmitglieder unter den derzeitigen gesellschaftlichen Be-dingungen?
Die beiden Vorträge beschäftigen sich mit geschichtlichen Entwicklungen und Realitäten (Thomas Stöckle) und mit einem beeindruckenden Beitrag einer Angehörigen, welcher sich der Suche nach dem Schicksal ihrer Angehörigen und dem Umgang damit widmet (Renate Michel).
Grußwort: Werner Wölfle, Bürgermeister für Soziales und gesellschaftliche Integration
Einführung: Dr. Klaus Obert, Caritasverband für Stuttgart e. V. und Rosel Tietze, Landeshauptstadt Stuttgart, Sozialplanung
Vortrag „Bevölkerung und Angehörige im Angesicht der NS-„Euthanasie“
Thomas Stöckle M. A., Historiker und Leiter der Gedenkstätte Grafeneck e. V.
Vortrag „Das Schweigen brechen – die heilsame Aufarbeitung einer Familiengeschichte“
Renate Michel, Großnichte von Karoline Franz, deren Schicksal sie erforscht hat,