OFFENER BRIEF
Stuttgart, 11. Januar 2021
Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister, lieber Fritz Kuhn,
am heutigen Tag Ihrer Verabschiedung aus dem Amt des Oberbürgermeisters der Stadt Stuttgart möchten wir uns bei Ihnen herzlich für Ihre verlässliche Unterstützung des Projekts Lern- und Gedenkort Hotel Silber bedanken. Sie haben schon im Wahlkampf 2012 Ihre Haltung deutlich gemacht. In Ihrer Antwort auf unsere Fragen an die OB-Kandidat*innen schrieben Sie:
„Das Hotel Silber bietet die Chance, an einem Ort, der uns erinnert und mahnt zugleich, eine in die Zukunft gerichtete Arbeit eines ‚Lern- und Gedenkortes‘ aufzubauen, ein Zentrum gegen Intoleranz und Ausgrenzung in Stuttgart. Dass dieser Ort so im Bewusstsein der Stadt verankert ist, daran hat die Initiative einen maßgeblichen Anteil, wofür ich an dieser Stelle gerne und mit Freude Anerkennung und Respekt ausspreche. Wie dieser Ort zukünftig gestaltet wird und welche Arbeit darin stattfinden wird, wird derzeit auch zwischen der Initiative, der Stadt Stuttgart und dem Land besprochen. Es ist für mich klar, dass die Stadt Stuttgart einen substanziellen Beitrag zum laufenden Betrieb übernimmt und es freut mich, dass die Mehrheit des Gemeinderates dazu steht. Ebenso ist für mich von Bedeutung, dass die Initiative in der Gestaltung und für den laufenden Betrieb eingebunden wird.“
Dieses Versprechen haben Sie eingelöst. Anfang 2015 hatten Sie sich in die stockenden Verhandlungen eingeschaltet. Sie haben Eckpunkte für die institutionalisierte Bürgerbeteiligung formuliert und so die Mitwirkung unserer Initiative sowohl in der Planung als auch im späteren Betrieb gesichert. So konnten dann im Januar 2016 die Hotel Silber-Verträge zwischen Stadt und Land, zwischen Initiative und Haus der Geschichte unterzeichnet werden. Zur selben Zeit hatte „Pegida“ versucht in Stuttgart Fuß zu fassen. Auf der in wenigen Tagen von einem breiten Bündnis organisierten Gegenkundgebung hielten Sie eine bemerkenswerte Rede und machten deutlich, dass diesen nationalistischen und rassistischen Kräften entschieden entgegentreten werden muss, und dass Sie dazu Ihren Beitrag als Oberbürgermeister einer weltoffenen Stadt leisten werden. Auch hier haben Sie gezeigt, dass Sie zu Ihrem Wahlversprechen stehen. „Aufmärsche von Rechtsextremen dürfen nicht achselzuckend hingenommen werden. Als Oberbürgermeister werde ich mich aktiv dafür einsetzen, dass alle rechtlichen Möglichkeiten ausgeschöpft werden, Kundgebungen von Rechtsextremisten auf das unvermeidliche Maß, das unsere Verfassung ihnen zubilligt, zu begrenzen.“
Nach dem von antisemitischem Hass getriebenem Anschlag auf die Synagoge in Halle standen Sie mit uns bei der spontanen Solidaritätskundgebung für die Jüdische Gemeinde. Auch bei anderen Gelegenheiten, z.B. bei der Eröffnung der Ausstellung zu den NSU-Verbrechen im Rathaus, haben Sie immer wieder klare Position bezogen und sich nicht gescheut rassistische Tendenzen in der Polizei beim Namen zu nennen. Kein Wunder, dass Sie deshalb viele Anfeindungen auch von Rechtsaußen im Gemeinderat aushalten mussten.
Die 1939 vor den Nazis aus ihrer Heimatstadt geflohenen ehemaligen jüdischen Stuttgarter*innen Charlotte Isler und Henry Kandler haben Sie 2018 anlässlich der Eröffnung des Hotel Silber nach Stuttgart eingeladen. Wir danken Ihnen dafür sehr, weil wir wissen, wie wichtig diese Geste für diese beiden uns sehr lieb gewordenen Menschen war. So konnten sie erleben, wie ein Ort in ihrer Heimatstadt, von dem aus sie und ihre Familien von der Gestapo verfolgt worden waren, zu einem Ort der Verteidigung von Menschenrechten und Demokratie wird.
Wir mussten leider zur Kenntnis nehmen, dass im Stuttgarter Gemeinderat eine schäbige Diskussion darüber entstanden ist, ob es angemessen sei, Ihnen wie bisher allen Stuttgarter Oberbürgermeistern nach Ihrer Amtszeit die Ehrenbürgerschaft der Stadt Stuttgart zu verleihen. Wir wissen nicht, ob Ihnen dieser Titel überhaupt wichtig ist. Wir jedenfalls müssten bei dieser Ehrung nicht lange überlegen.
Für Ihre kommenden Jahre wünschen wir Ihnen und Ihrer Frau alles Gute.
Herzliche Grüße im Namen des Vorstands der Initiative Lern- und Gedenkort Hotel Silber e.V.
Harald Stingele Elke Banabak
Vorsitzender Geschäftsführerin
Initiative Lern-und Gedenkort Hotel Silber e.V.
Else-Josenhans-Straße 3
70173 Stuttgart
OFFENER BRIEF
Stuttgart, 11. Januar 2021
Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister, lieber Fritz Kuhn,
am heutigen Tag Ihrer Verabschiedung aus dem Amt des Oberbürgermeisters der Stadt Stuttgart möchten wir uns bei Ihnen herzlich für Ihre verlässliche Unterstützung des Projekts Lern- und Gedenkort Hotel Silber bedanken. Sie haben schon im Wahlkampf 2012 Ihre Haltung deutlich gemacht. In Ihrer Antwort auf unsere Fragen an die OB-Kandidat*innen schrieben Sie:
„Das Hotel Silber bietet die Chance, an einem Ort, der uns erinnert und mahnt zugleich, eine in die Zukunft gerichtete Arbeit eines ‚Lern- und Gedenkortes‘ aufzubauen, ein Zentrum gegen Intoleranz und Ausgrenzung in Stuttgart. Dass dieser Ort so im Bewusstsein der Stadt verankert ist, daran hat die Initiative einen maßgeblichen Anteil, wofür ich an dieser Stelle gerne und mit Freude Anerkennung und Respekt ausspreche. Wie dieser Ort zukünftig gestaltet wird und welche Arbeit darin stattfinden wird, wird derzeit auch zwischen der Initiative, der Stadt Stuttgart und dem Land besprochen. Es ist für mich klar, dass die Stadt Stuttgart einen substanziellen Beitrag zum laufenden Betrieb übernimmt und es freut mich, dass die Mehrheit des Gemeinderates dazu steht. Ebenso ist für mich von Bedeutung, dass die Initiative in der Gestaltung und für den laufenden Betrieb eingebunden wird.“
Dieses Versprechen haben Sie eingelöst. Anfang 2015 hatten Sie sich in die stockenden Verhandlungen eingeschaltet. Sie haben Eckpunkte für die institutionalisierte Bürgerbeteiligung formuliert und so die Mitwirkung unserer Initiative sowohl in der Planung als auch im späteren Betrieb gesichert. So konnten dann im Januar 2016 die Hotel Silber-Verträge zwischen Stadt und Land, zwischen Initiative und Haus der Geschichte unterzeichnet werden. Zur selben Zeit hatte „Pegida“ versucht in Stuttgart Fuß zu fassen. Auf der in wenigen Tagen von einem breiten Bündnis organisierten Gegenkundgebung hielten Sie eine bemerkenswerte Rede und machten deutlich, dass diesen nationalistischen und rassistischen Kräften entschieden entgegentreten werden muss, und dass Sie dazu Ihren Beitrag als Oberbürgermeister einer weltoffenen Stadt leisten werden. Auch hier haben Sie gezeigt, dass Sie zu Ihrem Wahlversprechen stehen. „Aufmärsche von Rechtsextremen dürfen nicht achselzuckend hingenommen werden. Als Oberbürgermeister werde ich mich aktiv dafür einsetzen, dass alle rechtlichen Möglichkeiten ausgeschöpft werden, Kundgebungen von Rechtsextremisten auf das unvermeidliche Maß, das unsere Verfassung ihnen zubilligt, zu begrenzen.“
Nach dem von antisemitischem Hass getriebenem Anschlag auf die Synagoge in Halle standen Sie mit uns bei der spontanen Solidaritätskundgebung für die Jüdische Gemeinde. Auch bei anderen Gelegenheiten, z.B. bei der Eröffnung der Ausstellung zu den NSU-Verbrechen im Rathaus, haben Sie immer wieder klare Position bezogen und sich nicht gescheut rassistische Tendenzen in der Polizei beim Namen zu nennen. Kein Wunder, dass Sie deshalb viele Anfeindungen auch von Rechtsaußen im Gemeinderat aushalten mussten.
Die 1939 vor den Nazis aus ihrer Heimatstadt geflohenen ehemaligen jüdischen Stuttgarter*innen Charlotte Isler und Henry Kandler haben Sie 2018 anlässlich der Eröffnung des Hotel Silber nach Stuttgart eingeladen. Wir danken Ihnen dafür sehr, weil wir wissen, wie wichtig diese Geste für diese beiden uns sehr lieb gewordenen Menschen war. So konnten sie erleben, wie ein Ort in ihrer Heimatstadt, von dem aus sie und ihre Familien von der Gestapo verfolgt worden waren, zu einem Ort der Verteidigung von Menschenrechten und Demokratie wird.
Wir mussten leider zur Kenntnis nehmen, dass im Stuttgarter Gemeinderat eine schäbige Diskussion darüber entstanden ist, ob es angemessen sei, Ihnen wie bisher allen Stuttgarter Oberbürgermeistern nach Ihrer Amtszeit die Ehrenbürgerschaft der Stadt Stuttgart zu verleihen. Wir wissen nicht, ob Ihnen dieser Titel überhaupt wichtig ist. Wir jedenfalls müssten bei dieser Ehrung nicht lange überlegen.
Für Ihre kommenden Jahre wünschen wir Ihnen und Ihrer Frau alles Gute.
Herzliche Grüße im Namen des Vorstands der Initiative Lern- und Gedenkort Hotel Silber e.V.
Harald Stingele Elke Banabak
Vorsitzender Geschäftsführerin
Initiative Lern-und Gedenkort Hotel Silber e.V.
Else-Josenhans-Straße 3
70173 Stuttgart