Beitrag Veranstaltungen

22. Oktober 2025, 19 Uhr: „Die Liebe zum Leben“ – Gedenken an den Wehrmachtsdeserteur Ludwig Baumann

Filmvorführung und Gespräch

22.10.2025
19:00Uhr
Hotel Silber, Foyer,
Dorotheenstraße 10, 70173 Stuttgart


Mit der Regisseurin Annette Ortlieb
Moderation: Thomas Haschke, Initiative Deserteurdenkmal

30.000 deutsche Soldaten der Wehrmacht, die im Zweiten Weltkrieg desertierten, wurden von der NS-Militärjustiz zum Tode verurteilt. Die wenigen, die überlebten, wurden im Nachkriegsdeutschland nicht rehabilitiert, auch eine Entschädigung für das ertragene Leid gab es nie. Einer von ihnen war Ludwig Baumann, selbst ehemaliger Soldat der Wehrmacht, der 1942 desertiert und zum Tode verurteilt worden war. Als späterer Aktivist setzte er sich für die Rehabilitierung der Opfer ein und es ist ihm zu verdanken, dass im Jahr 2002 die Urteile der NS-Militärjustiz gegen die Wehrmachtsdeserteure aufgehoben wurden.

1990 hat sich eine Initiative für ein Stuttgarter Deserteur-Denkmal gegründet. Da die Stadt im Jahre 20000, damals einen öffentlichen Ort verweigerte, wurde mit Privatspenden 2007 das Stuttgarter Deserteur-Denkmal aller Kriege am Theaterhaus eingeweiht. Einer der Festredner*innen war Ludwig Baumann. 2020 beschloss die Stadt, das Deserteur-Denkmal wird im Zuge der Umgestaltung der Dorotheen- und Goerdelerstraße von seinem bisherigen Standort, in die Goerdelerstraße vor das Waisenhaus zu versetzen für 2023. Bis heute steht das Denkmal immer noch nicht, wie geplant in der Innenstadt.

Annette Ortlieb widmet sich in ihrem Dokumentarfilm DIE LIEBE ZUM LEBEN einem Thema, das in der Aufarbeitung der jüngeren deutschen Vergangenheit bisher kaum beleuchtet wurde. Dabei stehen die Lebensgeschichte und das Schicksal des ehemaligen Soldaten Ludwig Baumann (1921-2018) beispielhaft für die ca. 3000 bis 4000 Menschen, die ihr Todesurteil als Deserteur überlebten, dieses Urteil aber ihr Leben lang mit sich herumtragen mussten, ohne dass sich jemand – auch nicht der Rechtsstaat der Bundesrepublik Deutschland – für die Aufhebung der Urteile oder deren Aufhebung eingesetzt hat. Dass der Film so eindrucksvoll wirken kann, liegt auch und vor allem in der gründlichen Recherche, die Annette Ortlieb durchgeführt hat und in dem vertrauensvollen Verhältnis zwischen der Filmemacherin und dem Protagonisten begründet. Erst diese Verbindung macht es möglich, einen solchen persönlichen Einblick in ein Leben zu geben. Ludwig Baumann erzählt klug, reflektiert, energisch und mitreißend von seinem dramatischen Leben, von seinen Traumata, von seinen Ängsten und von seinem Kampf um Gerechtigkeit: die Aufhebung aller Urteile der NS-Militärjustiz. Mit Ursula Prahm kommt eine langjährige Wegbegleiterin Baumanns ebenso zu Wort wie etwa die ehemalige Justizministerin Herta Däubler-Gmelin. Die Aussagen Baumanns und der Einblick in dieses komplexe Kapitel der deutschen Nachkriegsgeschichte machen betroffen. Doch am Ende bleibt das, was dem Film seinen Titel verleiht: DIE LIEBE ZUM LEBEN. Eine Liebe, die man in Baumanns Worten und seinem Handeln spürt. Und die dank Annette Ortliebs filmischer Aufarbeitung eine lehrreiche und mutmachende Inspiration für heutige und nachkommende Generationen sein kann.

Veranstalter*innen: DFG-VK Baden-Württemberg, DFG-VK Gruppe Stuttgart, Initiative Deserteurdenkmal, Pax Christi Rottenburg-Stuttgart, Initiative Lern- und Gedenkort Hotel Silber e.V., Die AnStifter, unterstützt von der Rosa-Luxemburg-Stiftung Baden-Württemberg

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