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Das „Gestapo-Gefängnis“ in Welzheim und das „Arbeitserziehungslager für Frauen“ in Rudersberg – auf der Spur der Disziplinierung, Bestrafung, Ermordung von Zwangsarbeiter*innen und politischen Häftlingen in der NS-Zeit

28. September 2024

Bericht in der StuttgarterZeitung vom 30.September 2024

Jede*r kennt den Begriff der „Konzentrationslager“, wo Verfolgte aus religiösen, politischen, rassischen, sozialen Gründen vom NS-Staat auf unbestimmte Zeit eingesperrt und zum Arbeitseinsatz gezwungen, aber auch ermordet wurden. Immer noch weniger bekannt sind die Lager, die als sog. „Gestapo-Gefängnisse“ oder „Arbeitserziehungslager“ bezeichnet wurden, wo die Lebensbedingungen denen in den bekannten Konzentrationslagern in nichts nachstanden. Der einzige Unterschied: Die Häftlinge waren hier in der Regel ‚nur‘ auf eine begrenzte Zeit untergebracht, bis über ihr weiteres Schicksal entschieden wurde. Nicht selten wurden sie von dort auch in ein Konzentrationslager deportiert. Zwei dieser Lager stehen im Zentrum dieser Exkursion: das „Gestapo-Gefängnis“ in Welzheim und das „Arbeitserziehungslager für Frauen“ (AEL) in Rudersberg, die beide der Gestapo in Stuttgart unterstanden.

Das Lager in Welzheim wurde 1935 von der Gestapo im ehemaligen Amtsgericht und Amtsgerichtsgefängnis eingerichtet, u.a. auch als Nachfolgelager für das Lager „Oberer Kuhberg“ in Ulm, das damals aufgelöst wurde und aus dem einige Häftlinge dann nach Welzheim verlegt wurden. Inhaftiert wurden hier z.B. politische Gegner wie Kommunisten und Sozialdemokraten, aber nach der Reichspogromnacht auch viele Juden, ebenso Widerstandskämpfer und seit Kriegsbeginn zahlreiche Zwangsarbeiter, denen Kontakt mit deutschen Frauen, Verstoß gegen Arbeitsregeln oder anderes vorgeworfen wurde. Alle Häftlinge mussten arbeiten, z.B. in Betrieben in der Nähe oder in der Landwirtschaft. Viele Häftlinge starben aufgrund der Haftbedingungen oder weil sie vom Lagerpersonal gequält oder auch erschossen wurden und einige Zwangsarbeiter wurden auch von der Gestapo in einem nahegelegenen Steinbruch erhängt.

Das „Arbeitserziehungslager für Frauen“ in Rudersberg wurde 1942 im ehemaligen Gasthof „Ritterburg“ eingerichtet. Die Besitzer des gegenüberliegenden Holzwerks, das Munitionskisten herstellte, vermieteten die „Ritterburg“ an die Gestapo, um dort das Lager einrichten zu lassen, damit die hier inhaftierten Frauen als billige Arbeitskräfte im Holzwerk eingesetzt werden konnten. Die Gestapo wies in das „AEL“ Rudersberg Zwangsarbeiterinnen ein, denen z.B. ein Verstoß gegen Arbeitsregeln vorgeworfen wurde oder (verbotener) Kontakt zur deutschen Bevölkerung. Hier waren aber auch weibliche politische Häftlinge inhaftiert. Die Haftbedingungen waren unmenschlich: wenig und schlechtes Essen, Schikanen und körperliche Übergriffe durch das Wachpersonal, ungenügende hygienische Bedingungen. Einige Frauen wurden von hier aus auch in Konzentrationslager, nach Dachau, Ravensbrück und Auschwitz, deportiert.

Stationen der Rundfahrt am 28.09.2024:

  • In Welzheim: das frühere Amtsgerichtsgebäude, in dem die Leitung des „KZ“ untergebracht war, Vortrag Heinrich Lindauer, Historischer Verein Welzheim
  • die Gräber von in Welzheim verstorbenen Häftlingen auf dem dortigen Friedhof und
  • den Steinbruch, in dem die Hinrichtungen von Zwangsarbeitern stattfanden.
  • in Rudersberg: das Gebäude des ehemaligen „AEL“ in der Backnanger Straße (heute ein gewöhnliches Wohnhaus), Vortrag Dr. Sonja-Maria Bauer
  • die Gedenktafel für das AEL und Gräber von Opfern auf dem Friedhof in Rudersberg,
  • das Grab des Stefan Kozemko auf dem Friedhof in Rudersberg-Schlechtbach. Der polnische Zwangsarbeiter wurde am 10. Mai 1944 mit 20 Jahren auf Befehl der Gestapo in Schlechtbach ergehängt, weil er einige Lebensmittel gestohlen hatte.

Einführung während der Busfahrt durch Dr. Sonja-Maria Bauer und Harald Stingele (AG Zwangsarbeit der Initiative Lern- und Gedenkort Hotel Silber e.V.)

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