Lesung aus der Autobiographie von Sigrid Undset, der 1882 in Kalundborg/Dänemark geborenen Literaturnobelpreis-Trägerin
2. Oktober 2024
Hotel Silber, Dorotheenstraße 10, Foyer
Lesung und Gespräch
In Stuttgart ist an dem Abend die „Lange Nacht der Demokratie“, in die die Lesung eingebettet wird. Der Verleger Alfred Klemm wird zum und über das Buch berichten. Die Sprecherin Jule Hölzgen liest Passagen daraus.
Veranstalter*innen: Initiative Lern- und Gedenkort Hotel Silber in Zusammenarbeit mit dem Kröner Verlag
Der Vorabend des 8. April 1940, dem Tag der deutschen Invasion in Norwegen. Die norwegische Armee hält noch einige Wochen durch, aber als die Regierung sich nach London absetzt und das Land sich selbst überlässt, ist Sigrid Undset klar, dass sie weg muss. In überfüllten Zügen, zu Fuß, auf Skiern durchs verschneite Gebirge, über Schleichwege gelangt sie über die Grenze nach Schweden, wo sie für den Moment in Sicherheit ist. In Stockholm möchte sie gern aktiv werden, darf aber nicht, wegen Hans, ihrem Sohn, der noch in Norwegen ist; die Nazis nehmen gern Geiseln und zwingen die Angehörigen so zur Kooperation. Und Schweden ist zwar neutral, aber die führenden Kreise sind überaus Deutschen-freundlich. Nächste Station ist Moskau, ein Kulturschock, imposante, aus ihrer Sicht zu protzige Fassaden und gewaltige Neubauten, daneben Verfall, Bettler, Schmutz. Und viele Menschen, zu denen sie als Nobelpreisträgerin und Vorsitzende des Schriftstellerverbandes Kontakt hatte, sind verschwunden und ihr wird bedeutet, deren Namen lieber nicht zu erwähnen. Viel Lauferei, dann geht es mit der Transsibirischen Eisenbahn nach Wladiwostok. Von dort mit dem Dampfer nach Japan: alles sauber, fließendes Wasser, gutes Essen, eine uralte Kultur, aber die Rolle der Frauen in dieser Kultur verstört … Schließlich: das Schiff, das sie in die USA bringen wird, in ein Land, das noch eine Zukunft hat. Gibt es etwas im deutschen Wesen, das es für Diktaturen empfänglich macht? Diese Frage treibt Undset um, deren ältester Sohn Anders im Krieg gegen Deutschland gefallen ist.
In ihren sehr ersönlichen Reisebericht lässt Undset immer wieder allgemeine Beobachtungen des Zeitgeschehens und der aktuellen Weltlage einfließen. Besorgt äußert sie sich über die Zukunft der Demokratie. Bereits mitten im Krieg fordert sie den „Wiederaufbau einer Gemeinschaft aus freien Nationen und freien Menschen, mit der Pflicht, für ein größeres Verantwortungsgefühl von Mann zu Mann zu kämpfen, für höhere Gerechtigkeit, für sichere und glücklichere Lebensbedingungen.“
Eine spannende und informative Lektüre, vieles davon ist hierzulande noch immer unbekannt – zum ersten Mal ins Deutsche übersetzt von Gabriele Haefs.
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Lesung aus der Autobiographie von Sigrid Undset, der 1882 in Kalundborg/Dänemark geborenen Literaturnobelpreis-Trägerin
2. Oktober 2024
Hotel Silber, Dorotheenstraße 10, Foyer
Lesung und Gespräch
In Stuttgart ist an dem Abend die „Lange Nacht der Demokratie“, in die die Lesung eingebettet wird. Der Verleger Alfred Klemm wird zum und über das Buch berichten. Die Sprecherin Jule Hölzgen liest Passagen daraus.
Veranstalter*innen: Initiative Lern- und Gedenkort Hotel Silber in Zusammenarbeit mit dem Kröner Verlag
Der Vorabend des 8. April 1940, dem Tag der deutschen Invasion in Norwegen. Die norwegische Armee hält noch einige Wochen durch, aber als die Regierung sich nach London absetzt und das Land sich selbst überlässt, ist Sigrid Undset klar, dass sie weg muss. In überfüllten Zügen, zu Fuß, auf Skiern durchs verschneite Gebirge, über Schleichwege gelangt sie über die Grenze nach Schweden, wo sie für den Moment in Sicherheit ist. In Stockholm möchte sie gern aktiv werden, darf aber nicht, wegen Hans, ihrem Sohn, der noch in Norwegen ist; die Nazis nehmen gern Geiseln und zwingen die Angehörigen so zur Kooperation. Und Schweden ist zwar neutral, aber die führenden Kreise sind überaus Deutschen-freundlich. Nächste Station ist Moskau, ein Kulturschock, imposante, aus ihrer Sicht zu protzige Fassaden und gewaltige Neubauten, daneben Verfall, Bettler, Schmutz. Und viele Menschen, zu denen sie als Nobelpreisträgerin und Vorsitzende des Schriftstellerverbandes Kontakt hatte, sind verschwunden und ihr wird bedeutet, deren Namen lieber nicht zu erwähnen. Viel Lauferei, dann geht es mit der Transsibirischen Eisenbahn nach Wladiwostok. Von dort mit dem Dampfer nach Japan: alles sauber, fließendes Wasser, gutes Essen, eine uralte Kultur, aber die Rolle der Frauen in dieser Kultur verstört … Schließlich: das Schiff, das sie in die USA bringen wird, in ein Land, das noch eine Zukunft hat.
Gibt es etwas im deutschen Wesen, das es für Diktaturen empfänglich macht? Diese Frage treibt Undset um, deren ältester Sohn Anders im Krieg gegen Deutschland gefallen ist.
In ihren sehr ersönlichen Reisebericht lässt Undset immer wieder allgemeine Beobachtungen des Zeitgeschehens und der aktuellen Weltlage einfließen. Besorgt äußert sie sich über die Zukunft der Demokratie. Bereits mitten im Krieg fordert sie den „Wiederaufbau einer Gemeinschaft aus freien Nationen und freien Menschen, mit der Pflicht, für ein größeres Verantwortungsgefühl von Mann zu Mann zu kämpfen, für höhere Gerechtigkeit, für sichere und glücklichere Lebensbedingungen.“
Eine spannende und informative Lektüre, vieles davon ist hierzulande noch immer unbekannt – zum ersten Mal ins Deutsche übersetzt von Gabriele Haefs.