Am 23. Februar 2015 tagt – nach 14 Monaten Pause – endlich wieder der Runde Tisch Hotel Silber. Einer großen Runde aus Vertreter_innen des Landes, der Stadt Stuttgart , der Initiative Lern- und Gedenkort Hotel Silber und der Opferverbände sollte der Stand des Projekts präsentiert werden. Die Initiative hat hierfür ein Papier verfasst, in dem sie ihre Sicht der Projektentwicklung und ihre programmatischen Vorstellungen darlegt und die Voraussetzungen formuliert für das Gelingen des Projekts. Das Papier wurde einige Tage vor dem Runden Tisch den Mitgliedern zur Verfügung gestellt.
Den Text des Papiers zum Download finden Sie hier: RunderTischHotelSilber-2015-02-23Statement-
Projekt Hotel Silber:
Jetzt werden die Weichen gestellt
– Ein Statement für den Runden Tisch am 23. Februar 2015 –
- Im Projekt sollen neue Wege der Bürgerbeteiligung erprobt werden. Dazu müssen der Gestaltungsspielraum und die Arbeitsmöglichkeiten für bürgerschaftliches Engagement im Hotel Silber vertraglich gesichert werden.
- Der Kooperationsvertrag zwischen Land, Stadt und Initiative sowie das Statut der Einrichtung müssen sich am Rahmenkonzept vom Mai 2013 orientieren.
- Das 2. Obergeschoss muss nach Wegfall der Fläche im Untergeschoss wieder ins Projekt einbezogen werden, damit die zugesagte Nutzungsfläche von 1000 qm erreicht wird und das gemeinsam beschlossene Konzept umgesetzt werden kann.
- Wissenschaftliche Kontroversen zu Deutungen der Geschichte sollten in der Dauerausstellung sichtbar sein.
- Ein eigener wissenschaftlicher Beratungskreis fürs Hotel Silber ist notwendig.
- Über eine unabhängige Moderation der Projektentwicklung sollte neu nachgedacht werden.
Das Hotel Silber soll ein Ort des Lernens aus der Geschichte für die Gegenwart und Zukunft werden. Wird an diesem Ziel festgehalten? Soll hier – so formulieren drei Fraktionen des Stuttgarter Gemeinderats in einem Antrag vom November 2014– „ein lebendiger Ort der Auseinandersetzung mit der Geschichte entstehen, ein Zentrum mit Gegenwartsbezug, in dem die Akzeptanz gesellschaftlicher Vielfalt gefördert wird und ein ständiger Austausch stattfinden kann über Fragen, die die Grundzüge unserer Demokratie berühren“?
Beim Start des Projektes war es Konsens, dass dieses Ziel nur erreicht werden kann, wenn die Einrichtung von bürgerschaftlichem Engagement getragen wird, wenn Land und Stadt mit der Initiative Lern- und Gedenkort Hotel Silber e.V. partnerschaftlich zusammenarbeiten und deren Einfluss auf Gestaltung und Betrieb des Ortes garantieren. Die Grundlage hierfür wurde mit dem Rahmenkonzept „Was braucht der Erinnerungsort Hotel Silber?“ geschaffen.
Neuerdings werden vom Rahmenkonzept deutlich abweichende Auffassungen darüber deutlich, was unter Bürgerbeteiligung verstanden wird. Vor zwei Jahren wurde einvernehmlich entschieden, das Haus der Geschichte Baden-Württemberg solle die Trägerschaft der künftigen Einrichtung übernehmen. Daraus werden jetzt ganz unterschiedliche Schlüsse gezogen. Die Initiative hat die damalige Entscheidung akzeptiert, weil geltend gemacht wurde, Land und Stadt müssten den finanziellen Rahmen des Gedenkortes haushalts- und verwaltungstechnisch organisieren. Von einer umfassenden konzeptionellen und inhaltlichen Bestimmungsmacht war bei dieser Entscheidung nicht die Rede; sie lässt sich nach Auffassung der Initiative auch nicht aus der Trägerrolle ableiten. Das Haus der Geschichte beharrt dagegen auf dem Standpunkt, dass es „als künftiger Träger der Einrichtung im Hotel Silber aus rechtlichen Gründen keine Verantwortung teilen oder abtreten kann. Dementsprechend kann es bezüglich der Mitsprache der Initiative auch keine schriftlichen Vereinbarungen treffen. (…) Eine gemeinsame Arbeit mit der Initiative und einvernehmliche Lösungen sind ausdrücklich gewünscht, im Zweifelsfall wird jedoch das HdG entscheiden müssen.“ Diese Auffassung vertrat der Leiter des Hauses der Geschichte im Februar 2014 bei einem Gespräch mit der Initiativezur zukünftigen Gestaltung der Kooperationsbeziehungen. Die Initiative widersprach dieser Auffassung in der folgenden Sitzung der Vorbereitungsgruppe Runder Tisch am 15. April 2014 in einer schriftlichen Stellungnahme.
Aus dieser Sicht wird das Hotel Silber zur Außenstelle des Hauses der Geschichte. Sowohl die beiden beteiligten Ministerien als auch das Kulturamt der Stadt Stuttgart unterstützen diese Haltung. Dies wird auch deutlich in der Antwort der Stadtverwaltung auf eine Anfrage der Fraktionen SPD und SÖS-Linke vom Juli 2014, die von der Initiative kritisch kommentiert wurde.
Es ist mit unserem Verständnis von Bürgerbeteiligung unvereinbar, einem der Partner als Träger der Einrichtung auch die programmatische und inhaltliche Alleinverantwortung zu übertragen. Wie problematisch das ist, hat sich überdies bei den inhaltlichen Kontroversen in der Arbeitsgruppe zur Dauerausstellung schon erwiesen, als Deutungshoheit über die Darstellung der Geschichte aus der Trägerrolle abgeleitet werden sollte. (Die Vertreter_innen der Initiative haben ihre Auffassung zu diesen Kontroversen in einem Kommentar zum Grobkonzept festgehalten.) Für den Lern- und Gedenkort Hotel Silber ist der Anspruch der professionalisierten Einheitlichkeit nicht zuträglich, vielmehr sollte ein Konzept entwickelt werden, das inhaltliche und programmatische Multiperspektivität ermöglicht und fördert. Hinzu kommt, dass ein Museum mit begleitendem Veranstaltungsprogramm nicht alles leisten kann, was einen Ort der Auseinandersetzung mit der Geschichte, ein Zentrum mit Gegenwartsbezug, Akzeptanz gesellschaftlicher Vielfalt und lebendigem Austausch über Fragen unserer Demokratie ausmacht. Voraussetzung eines solchen Gedenkortes ist vielmehr gleichberechtigte Beteiligung der bürgerschaftlichen Initiative an den Entscheidungs- und Gestaltungsprozessen. Die Initiative hält es deshalb auch für falsch, dass auf einen eigenen wissenschaftlichen Beirat verzichtet werden und der Beirat des Hauses der Geschichte die wissenschaftliche Begleitung mit übernehmen soll.
Eine gut verankerte Beteiligung, partnerschaftliches Zusammenwirken von Land, Stadt und Bürgerinitiative bei der Gestaltung und im Betrieb des Hauses sollten ja geradezu das „Markenzeichen“ des Hotel Silber werden. Eines der großen Versprechen der gegenwärtigen Landesregierung sollte damit beispielhaft eingelöst werden. Es sieht aber so aus, als verließe unsere Gesprächspartner in den Verwaltungen von Land und Stadt der Mut, neue Wege der Bürgerbeteiligung zu beschreiten, neue Strukturen im partnerschaftlichen Zusammenwirken mit den Organisationen engagierter Bürgerinnen und Bürger zu suchen und so auch öffentliches Recht und gelebte Demokratie weiterzuentwickeln. Offen wird die Befürchtung geäußert, eine weit gehende Bürgerbeteiligung im Hotel Silber könne zum Präzedenzfall werden, auf den sich dann andere Bürgerinitiativen berufen!
Ein Kooperationsvertrag ohne Kooperation?
Ein Kooperationsvertrag mit der Initiative Hotel Silber soll den Rahmen für die bürgerschaftliche Beteiligung abstecken. Das Verfahren zur Entwicklung dieses Kooperationsvertrages ist aber intransparent und denkbar unkooperativ. Vor zwei Jahren wurde bei der Gründung des Runden Tisches noch betont, „dass uns die Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger am Planungs- und Entwicklungsprozess besonders am Herzen liegt“. Beim letzten Runden Tisch im Dezember 2013 wurde zugesagt, der unter Federführung des Ministeriums für Wissenschaft und Kunst erstellte Vertragsentwurf solle in der Vorbereitungsgruppe abgestimmt werden. Diese Zusage wurde nicht eingehalten, daher konnten wir unsere Vorstellungen nicht einbringen. Inzwischen soll eine „formelle Beteiligung“ der Initiative erst erfolgen, wenn Land und Stadt sich geeinigt haben. Bürgerschaftliche Beteiligung durch Ausschluss vom Entwicklungsprozess?
Eine einzige Information zum Kooperationsvertrag erreichte uns Ende Juli mit der Aussage, im Verwaltungsrat des Hotels Silber seien je zwei Sitze für Land und Landeshauptstadt sowie ein Sitz für die Initiative geplant. Zwar ist es für den Ausgang von Abstimmungen ganz unerheblich, ob wir einen oder zwei Sitze bekommen, aber die Begründung dieser Verteilung spricht für sich: Die Initiative bringe kein Geld ins Projekt ein. Einmal abgesehen davon, dass auch Ministerien nur von Bürgern aufgebrachte Steuergelder verteilen können, lässt sich klarer kaum zum Ausdruck bringen, welche Aussicht auf echte Beteiligung besteht. Jahrzehnte ehrenamtlicher Erinnerungsarbeit und unentgeltliche Mitarbeit im Projekt scheinen wenig wert zu sein.
Es ist nötig, sich an den Beginn und die Entwicklung des Projekts zu erinnern.
Das Hotel Silber ist der steinerne Zeuge der NS-Zeit in Stuttgart und ihrer Vor- und Nachgeschichte mit Bedeutung für ganz Württemberg und Hohenzollern. Dass dieser Erinnerungsort inmitten der Stadt erhalten blieb, verdankt sich der Hartnäckigkeit engagierter Bürgerinnen und Bürger. Sie widersetzten sich seit 2008den Abrissplänen, die schon weit gediehen waren, und mobilisierten die Öffentlichkeit gegen diese Geschichtsblindheit. Dieselben zivilgesellschaftlichen Kräfte tragen seit Jahrzehnten die Erinnerungsarbeit in Stuttgart und halten die Auseinandersetzung mit der NS-Zeit im öffentlichen Bewusstsein. Damit füllen sie eine Lücke der städtischen Kulturpolitik seit Mitte der achtziger Jahre. Sie haben Biografien von Opfern erforscht, Stolpersteine verlegt und Kontakte zu Überlebenden gepflegt, sie haben die Verfolgung der Homosexuellen und der Sinti beschrieben und die Verbrechen der Kindereuthanasie aufgedeckt, sie haben ein Denkmal für die ermordeten Wehrmachts-Deserteure initiiert und die Geschichte der württembergischen Gestapo sowie Werdegänge prominenter NS-Täter erforscht, sie haben eine „Spur der Erinnerung“ von Grafeneck zum Innenministerium in der Dorotheenstraße organisiert, sie haben alternative Stadterkundungen und Fahrten zu ehemaligen Konzentrationslagern veranstaltet, Ausstellungen organisiert, Schulprojekte begleitet und Forschungslücken dokumentiert. Nicht zuletzt haben sie Gedenkorte verteidigt: die Deportationsgleise am Nordbahnhof und ganz besonders das Hotel Silber, das ohne bürgerschaftlichen Widerstand längst abgerissen wäre. Dieser Widerstand wurde von immer mehr Bürgerinnen und Bürgern unterstützt.
Der Streit ums Hotel Silber fand bundesweit Resonanz in der Presse und der Gedenkstättenlandschaft. „Stuttgart erblindet“ kommentierte die Zeit, und die Leiter der NS-Dokumentationszentren in Köln und Berlin stärkten der Initiative den Rücken. Die hiesige Politik begann umzudenken. Dies führte mit dem Regierungswechsel nach der Landtagswahl im März 2011 zur Entscheidung, das Gebäude für einen Lern- und Gedenkort zu erhalten. Er sollte zusammen mit der Initiative gestaltet werden; neue Wege der Bürgerbeteiligung galten ja als Markenzeichen der neuen Regierung.
Mit dem Erhalt des Hauses war das Versprechen verbunden, in gleichberechtigter Partnerschaft von Land, Stadt und bürgerschaftlicher Initiative den Lern- und Gedenkort zu realisieren. Zusammenarbeit „auf Augenhöhe“ wurde zugesichert, was mehr ist als „Einbindung“ von ehrenamtlicher Arbeit, sondern die Schaffung von Strukturen gleichberechtigter Zusammenarbeit voraussetzt. Unter dem Motto „Abriss verhindert – jetzt gestalten“ machte sich die Initiative an die Arbeit und präsentierte im September 2011 ihre konzeptionellen Vorstellungen im Stuttgarter Rathaus (Eckpunkte für einen Lern- und Gedenkort Hotel Silber)
Fast ein Jahr nach den Landtagswahlen, im Februar 2012, begann der Entwicklungsprozess endlich, und im Juni 2012 tagte erstmals der Runde Tisch Hotel Silber, dem Vertreter_innen des Landes, der Stadt, der Initiative, der Opferverbände, der Landeszentrale für politische Bildung, der Landesarbeitsgemeinschaft der Gedenkstätten und der Landesjugendorganisationen angehören. Hier machte die Initiative neue Erfahrungen. Ihre Vorschläge (unabhängige Prozessmoderation und Organisation der Einrichtung als Stiftung) wurden vom Tisch gewischt; die Ministerien ließen keine Teilnahme an der Entwicklung des Organisationsmodells zu. Die Initiative ließ sich auf die Trägerschaft des Hauses der Geschichte ein, weil sie zu diesem Zeitpunkt nicht erkennen konnte, dass diese Trägerrolle zur Aushebelung einer substantiellen Bürgerbeteiligung interpretiert und genützt werden würde.
Die Initiative brachte derweil ihre vielfältigen Kompetenzen, Verlässlichkeit und Stetigkeit in den Gestaltungsprozess der Inhalte ein: ihre kompetenten Historiker_innen und Forscher_innen trugen zum Grobkonzept der Dauerausstellung bei. Knapp die Hälfte der Veranstaltungen in den Auftaktreihen 2013 und 2014 wurde von der Initiative konzipiert und organisiert. Ein Vertreter der Initiative verantwortet zusammen mit Mitarbeiter_innen vom Haus der Geschichte die Organisation und Koordination der Veranstaltungsreihe 2014.
Ein lebendiger Lern-, Bildungs- und Begegnungsort soll entstehen
Im Hotel Silber soll ein lebendiger außerschulischer Lern-, Bildungs- und Begegnungsort entstehen, ein Ort gegenwartsbezogener Auseinandersetzung mit der NS-Geschichte Stuttgarts und Württembergs, und zwar einschließlich Vorgeschichte und Nachwirkungen. Hier sollen demokratisches Verhalten und die Akzeptanz menschlicher Vielfalt gefördert sowie Aktivitäten und Zivilcourage gegen alle Formen von Ausgrenzung und gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit gestärkt werden. Das Hotel Silber soll sich als Zentrum für Demokratie und Menschenrechte verstehen und in der Stadtgesellschaft verankern. Hier soll also mehr als ein Museum mit begleitendem Veranstaltungsprogramm entstehen, und dies kann nur im Zusammenwirken mit der Zivilgesellschaft gelingen. Es setzt daher die gleichberechtigte Beteiligung der Initiative in den Entscheidungs- und Gestaltungsprozessen des Hotel Silber voraus.
Unsere programmatischen Vorstellungen insbesondere für die Arbeit der Initiative im Hotel Silber:
- Vor- und Nachbereitung geführter Ausstellungen und historischer Stadtrundgänge müssen hier ebenso möglich sein wie Workshops und Projekttage zur Stärkung von Zivilcourage. Inhaltlich müssen diese Angebote über rein historische Betrachtung hinausgehen, vielmehr sollen, vom historischen Ort ausgehend, demokratische Werte vermittelt, aber auch deren Alltagsrealität hinterfragt werden. Wir wollen die Besonderheit dieses Ortes für Programme zur Demokratieentwicklung nutzen, die eine Auseinandersetzung mit aktuellen gesellschaftlichen Fragen zwangsläufig einschließen.
- Neonazistischen und rechtspopulistischen Tendenzen kann hier präventiv entgegengewirkt werden. Langfristig könnte, bei entsprechender personeller und finanzieller Ausstattung, eine Informations- und Koordinierungsstelle für Rechtsextremismusprävention entstehen.
- Die thematische Bandbreite der Hotel-Silber-Initiative und ihr vielfältiges Potential sollen im Hotel Silber zur Geltung kommen. Ausgehend von ihrer speziellen Perspektive können unsere Mitgliedsorganisationen hier interessante Angebote machen, die sich sowohl an Schüler und Jugendliche als auch an ein erwachsenes Publikum richten.
- Die Erforschung der NS-Geschichte Stuttgarts und Württembergs und ihrer Vor- und Nachgeschichte ist längst nicht abgeschlossen. Deshalb soll das Hotel Silber eine lebendige Geschichtswerkstatt werden. Schulklassen, die wissen wollen, was an ihrer Schule geschah, Vereine und Institutionen, die ihre Geschichte erforschen wollen, Menschen, die sich für konkrete Schicksale von Verfolgten oder auch für die Geschichte lokaler NS-Täter interessieren, sollen hier Beratung und Austausch bei ihren Recherchevorhaben finden.
- Als ein Ort der Begegnung und des Dialogs soll das Hotel Silber auch dem Austausch der Generationen dienen, um etwa traumatische Nachwirkungen oder unbewusst weitergegebene Ansichten zu untersuchen. Generell sollen hier in immer neuen Anläufen unterschiedliche Formen der Sprachlosigkeit durchbrochen werden: zwischen Menschen aus verschiedenen Schichten, Ethnien, Generationen, mit unterschiedlichen Weltanschauungen, sexuellen Orientierungen und mit oder ohne Behinderung.
- Die Initiative möchte das Hotel Silber als aktiven und aktivierenden Arbeitsort nutzen. Arbeitstreffen, Fortbildungen und Diskussionsrunden der aktiven Ehrenamtlichen sollen hier ihren Platz finden. Das Engagement der im Themenfeld ehrenamtlich Tätigen würde hier gebündelt und koordiniert. Hier möchten wir außerdem für andere inhaltlich verwandte Gruppen des zivilgesellschaftlichen Engagements erreichbar sein und die Arbeit des Ortes im zivilgesellschaftlichen Diskurs durch Kooperationsveranstaltungen und -projekte vernetzen. Die Arbeit unseres Vereins sehen wir deshalb als Ergänzung der Arbeit der anderen Partner.
- Die Initiierung, Begleitung und Vernetzung von bürgerschaftlichen Projekten in historischen, aber auch demokratiebildenden Themenfeldern sehen wir als eine wichtige Aufgabe des Lern- und Gedenkortes. Der Lern- und Gedenkort soll für engagierte Bürgerinnen und Bürger eine Anlauf- und Beratungsstellenfunktion haben.
Voraussetzungen des Gelingens
Die Initiative hat die Errichtung eines Lern- und Gedenkortes im Hotel Silber angestoßen und sich konstruktiv am Entwicklungsprozess beteiligt. Jetzt nimmt sie das immer weitere Abrücken von ursprünglich gegebenen Zusagen und die zunehmende Reduzierung bürgerschaftlicher Beteiligung auf „mitarbeiten ja, aber nicht mitentscheiden“ zum Anlass, Voraussetzungen für das Gelingen des Projektes zu formulieren.
- Grundlegend für Raumplanung und Nutzungsmöglichkeiten ist die verfügbare Fläche. Wie eine jüngst in Auftrag gegebeneBauuntersuchung ergeben hat, ist das Untergeschoss für Wechselausstellungen ungeeignet. Damit reduziert sich die verfügbare Fläche auf 600 qm und das gemeinsam mit den Partnern erarbeitete Nutzungskonzept ist entwertet. Da auch Arbeitsmöglichkeiten entfielen, müsste Stuttgart sich von der Idee eines lebendigen, von Bürgerinnen und Bürgern mitgestalteten Ortes verabschieden. Folglich muss, soll die zugesagte Nutzungsfläche von 1000 qm erreicht werden, der 2013 ohne vorangegangene Bauuntersuchung beschlossene Verzicht auf den zweiten Stock revidiert werden. Der Bereich der ehemaligen Verwahrzellen im Untergeschoss darf nicht für anderweitige Nutzungen verändert werden. Es soll perspektivisch an einer Lösung gearbeitet werden, diesen Bereich – als Ort des Gedenkens – ins Projekt einzubeziehen. (Ausführlich nahm die Initiative am 4.2.15 zu den Konsequenzen der Bauuntersuchung Stellung)
- Die Initiative will an den Verhandlungen über den Kooperationsvertrag und das Statut gleichberechtigt teilnehmen, um ihre Interessen zur Geltung zu bringen. Sie erwartet Einblick in die bisherigen Entwürfe. Sie erwartet weiter, künftig neben Land und Stadt paritätisch im Verwaltungsrat mitwirken zu können. Dazu muss sich der Kooperationsvertrag am Rahmenkonzept vom Mai 2013 orientieren und die dort festgelegten Organe der Einrichtung im Vertrag verankern, wie dies am Runden Tisch im Dezember 2013 zugesagt wurde. Der Kooperationsvertrag muss regeln, dass Personal- und Budgetfragen einvernehmlich entschieden werden.
- Vertraglich muss auch der Gestaltungsspielraum für bürgerschaftliches Engagement geregelt werden. Die im Verein zusammengeschlossenen Initiativen der Erinnerungsarbeit sollen in Eigenverantwortung im Hotel Silber Veranstaltungen, Projekte, Workshops, Führungen und Arbeitstreffen durchführen können. Dies war schon im Rahmenkonzept vom Mai 2013 festgelegt. Juristische Fragen, die sich aus dieser Nutzung ergeben – Haftpflicht, Umgang mit Schlüsseln usw. – müssen gelöst und ebenfalls vertraglich geregelt werden.
- Die Initiative will bei der Entwicklung des Raumnutzungskonzeptes mitwirken. Besonders wichtig sind ihr die Arbeitsmöglichkeiten für das bürgerschaftliche Engagement. Sie legt Wert darauf, dass im Hotel Silber ein Arbeitsraum mit der für die beschriebenen Aktivitäten notwendigen Ausstattung den bürgerschaftlichen Initiativen zur Verfügung steht.
- Die Initiative will an der Entwicklung der Dauerausstellung – Gestaltungswettbewerb, Feinkonzept, Fortentwicklung usw. – beteiligt bleiben. Wissenschaftliche Kontroversen bezüglich historischer Deutungen können und sollen in der Ausstellung sichtbar werden, um die Betrachter zu eigenem Nachdenken und kritischer Nachfrage anzuregen.
- Die Initiative hält – wie im Rahmenkonzept vorgesehen – einen eigenen wissenschaftlichen Beratungskreis für das Hotel Silber für unverzichtbar. Er muss in seiner Zusammensetzung der besonderen Aufgabenstellung des Hauses gerecht werden. Außer historischer Kompetenz (und dies hieße auch für bisher vernachlässigte Bereiche, wie z. B. die Aufarbeitung der Ausgrenzung Homosexueller) bedarf es der Sachkenntnis von Experten der Gedenkstättenpädagogik, der Mediengestaltung und der Zusammenarbeit von Hauptamtlichen mit Ehrenamtlichen. Gefragt ist die Bereitschaft zur Beratung bei ehrenamtlichen Forschungsvorhaben. Das Angebot des von Prof. Brumlik und Prof. Weizäcker vertretenen „Expertenclusters Hotel Silber“ soll hierfür ernsthaft geprüft werden.
- Die Initiative hält – nach den Erfahrungen der vergangenen drei Jahre mehr denn je – eine unabhängige, nicht von eigenen Interessen geleitete Moderation des Entwicklungsprozesses für unerlässlich.
Die Initiative Lern- und Gedenkort Hotel Silber will sich an der Weiterentwicklung des Projekts wie bisher schon konstruktiv beteiligen, sie erwartet jedoch, dass gegebene Zusagen eingehalten und die von der Landesregierung ausgerufene bürgerschaftliche Beteiligung nicht Schritt um Schritt zur inhaltslosen Formel wird.
Am 23. Februar 2015 tagt – nach 14 Monaten Pause – endlich wieder der Runde Tisch Hotel Silber. Einer großen Runde aus Vertreter_innen des Landes, der Stadt Stuttgart , der Initiative Lern- und Gedenkort Hotel Silber und der Opferverbände sollte der Stand des Projekts präsentiert werden. Die Initiative hat hierfür ein Papier verfasst, in dem sie ihre Sicht der Projektentwicklung und ihre programmatischen Vorstellungen darlegt und die Voraussetzungen formuliert für das Gelingen des Projekts. Das Papier wurde einige Tage vor dem Runden Tisch den Mitgliedern zur Verfügung gestellt.
Den Text des Papiers zum Download finden Sie hier: RunderTischHotelSilber-2015-02-23Statement-
Projekt Hotel Silber:
Jetzt werden die Weichen gestellt
– Ein Statement für den Runden Tisch am 23. Februar 2015 –
Das Hotel Silber soll ein Ort des Lernens aus der Geschichte für die Gegenwart und Zukunft werden. Wird an diesem Ziel festgehalten? Soll hier – so formulieren drei Fraktionen des Stuttgarter Gemeinderats in einem Antrag vom November 2014– „ein lebendiger Ort der Auseinandersetzung mit der Geschichte entstehen, ein Zentrum mit Gegenwartsbezug, in dem die Akzeptanz gesellschaftlicher Vielfalt gefördert wird und ein ständiger Austausch stattfinden kann über Fragen, die die Grundzüge unserer Demokratie berühren“?
Beim Start des Projektes war es Konsens, dass dieses Ziel nur erreicht werden kann, wenn die Einrichtung von bürgerschaftlichem Engagement getragen wird, wenn Land und Stadt mit der Initiative Lern- und Gedenkort Hotel Silber e.V. partnerschaftlich zusammenarbeiten und deren Einfluss auf Gestaltung und Betrieb des Ortes garantieren. Die Grundlage hierfür wurde mit dem Rahmenkonzept „Was braucht der Erinnerungsort Hotel Silber?“ geschaffen.
Neuerdings werden vom Rahmenkonzept deutlich abweichende Auffassungen darüber deutlich, was unter Bürgerbeteiligung verstanden wird. Vor zwei Jahren wurde einvernehmlich entschieden, das Haus der Geschichte Baden-Württemberg solle die Trägerschaft der künftigen Einrichtung übernehmen. Daraus werden jetzt ganz unterschiedliche Schlüsse gezogen. Die Initiative hat die damalige Entscheidung akzeptiert, weil geltend gemacht wurde, Land und Stadt müssten den finanziellen Rahmen des Gedenkortes haushalts- und verwaltungstechnisch organisieren. Von einer umfassenden konzeptionellen und inhaltlichen Bestimmungsmacht war bei dieser Entscheidung nicht die Rede; sie lässt sich nach Auffassung der Initiative auch nicht aus der Trägerrolle ableiten. Das Haus der Geschichte beharrt dagegen auf dem Standpunkt, dass es „als künftiger Träger der Einrichtung im Hotel Silber aus rechtlichen Gründen keine Verantwortung teilen oder abtreten kann. Dementsprechend kann es bezüglich der Mitsprache der Initiative auch keine schriftlichen Vereinbarungen treffen. (…) Eine gemeinsame Arbeit mit der Initiative und einvernehmliche Lösungen sind ausdrücklich gewünscht, im Zweifelsfall wird jedoch das HdG entscheiden müssen.“ Diese Auffassung vertrat der Leiter des Hauses der Geschichte im Februar 2014 bei einem Gespräch mit der Initiativezur zukünftigen Gestaltung der Kooperationsbeziehungen. Die Initiative widersprach dieser Auffassung in der folgenden Sitzung der Vorbereitungsgruppe Runder Tisch am 15. April 2014 in einer schriftlichen Stellungnahme.
Aus dieser Sicht wird das Hotel Silber zur Außenstelle des Hauses der Geschichte. Sowohl die beiden beteiligten Ministerien als auch das Kulturamt der Stadt Stuttgart unterstützen diese Haltung. Dies wird auch deutlich in der Antwort der Stadtverwaltung auf eine Anfrage der Fraktionen SPD und SÖS-Linke vom Juli 2014, die von der Initiative kritisch kommentiert wurde.
Es ist mit unserem Verständnis von Bürgerbeteiligung unvereinbar, einem der Partner als Träger der Einrichtung auch die programmatische und inhaltliche Alleinverantwortung zu übertragen. Wie problematisch das ist, hat sich überdies bei den inhaltlichen Kontroversen in der Arbeitsgruppe zur Dauerausstellung schon erwiesen, als Deutungshoheit über die Darstellung der Geschichte aus der Trägerrolle abgeleitet werden sollte. (Die Vertreter_innen der Initiative haben ihre Auffassung zu diesen Kontroversen in einem Kommentar zum Grobkonzept festgehalten.) Für den Lern- und Gedenkort Hotel Silber ist der Anspruch der professionalisierten Einheitlichkeit nicht zuträglich, vielmehr sollte ein Konzept entwickelt werden, das inhaltliche und programmatische Multiperspektivität ermöglicht und fördert. Hinzu kommt, dass ein Museum mit begleitendem Veranstaltungsprogramm nicht alles leisten kann, was einen Ort der Auseinandersetzung mit der Geschichte, ein Zentrum mit Gegenwartsbezug, Akzeptanz gesellschaftlicher Vielfalt und lebendigem Austausch über Fragen unserer Demokratie ausmacht. Voraussetzung eines solchen Gedenkortes ist vielmehr gleichberechtigte Beteiligung der bürgerschaftlichen Initiative an den Entscheidungs- und Gestaltungsprozessen. Die Initiative hält es deshalb auch für falsch, dass auf einen eigenen wissenschaftlichen Beirat verzichtet werden und der Beirat des Hauses der Geschichte die wissenschaftliche Begleitung mit übernehmen soll.
Eine gut verankerte Beteiligung, partnerschaftliches Zusammenwirken von Land, Stadt und Bürgerinitiative bei der Gestaltung und im Betrieb des Hauses sollten ja geradezu das „Markenzeichen“ des Hotel Silber werden. Eines der großen Versprechen der gegenwärtigen Landesregierung sollte damit beispielhaft eingelöst werden. Es sieht aber so aus, als verließe unsere Gesprächspartner in den Verwaltungen von Land und Stadt der Mut, neue Wege der Bürgerbeteiligung zu beschreiten, neue Strukturen im partnerschaftlichen Zusammenwirken mit den Organisationen engagierter Bürgerinnen und Bürger zu suchen und so auch öffentliches Recht und gelebte Demokratie weiterzuentwickeln. Offen wird die Befürchtung geäußert, eine weit gehende Bürgerbeteiligung im Hotel Silber könne zum Präzedenzfall werden, auf den sich dann andere Bürgerinitiativen berufen!
Ein Kooperationsvertrag ohne Kooperation?
Ein Kooperationsvertrag mit der Initiative Hotel Silber soll den Rahmen für die bürgerschaftliche Beteiligung abstecken. Das Verfahren zur Entwicklung dieses Kooperationsvertrages ist aber intransparent und denkbar unkooperativ. Vor zwei Jahren wurde bei der Gründung des Runden Tisches noch betont, „dass uns die Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger am Planungs- und Entwicklungsprozess besonders am Herzen liegt“. Beim letzten Runden Tisch im Dezember 2013 wurde zugesagt, der unter Federführung des Ministeriums für Wissenschaft und Kunst erstellte Vertragsentwurf solle in der Vorbereitungsgruppe abgestimmt werden. Diese Zusage wurde nicht eingehalten, daher konnten wir unsere Vorstellungen nicht einbringen. Inzwischen soll eine „formelle Beteiligung“ der Initiative erst erfolgen, wenn Land und Stadt sich geeinigt haben. Bürgerschaftliche Beteiligung durch Ausschluss vom Entwicklungsprozess?
Eine einzige Information zum Kooperationsvertrag erreichte uns Ende Juli mit der Aussage, im Verwaltungsrat des Hotels Silber seien je zwei Sitze für Land und Landeshauptstadt sowie ein Sitz für die Initiative geplant. Zwar ist es für den Ausgang von Abstimmungen ganz unerheblich, ob wir einen oder zwei Sitze bekommen, aber die Begründung dieser Verteilung spricht für sich: Die Initiative bringe kein Geld ins Projekt ein. Einmal abgesehen davon, dass auch Ministerien nur von Bürgern aufgebrachte Steuergelder verteilen können, lässt sich klarer kaum zum Ausdruck bringen, welche Aussicht auf echte Beteiligung besteht. Jahrzehnte ehrenamtlicher Erinnerungsarbeit und unentgeltliche Mitarbeit im Projekt scheinen wenig wert zu sein.
Es ist nötig, sich an den Beginn und die Entwicklung des Projekts zu erinnern.
Das Hotel Silber ist der steinerne Zeuge der NS-Zeit in Stuttgart und ihrer Vor- und Nachgeschichte mit Bedeutung für ganz Württemberg und Hohenzollern. Dass dieser Erinnerungsort inmitten der Stadt erhalten blieb, verdankt sich der Hartnäckigkeit engagierter Bürgerinnen und Bürger. Sie widersetzten sich seit 2008den Abrissplänen, die schon weit gediehen waren, und mobilisierten die Öffentlichkeit gegen diese Geschichtsblindheit. Dieselben zivilgesellschaftlichen Kräfte tragen seit Jahrzehnten die Erinnerungsarbeit in Stuttgart und halten die Auseinandersetzung mit der NS-Zeit im öffentlichen Bewusstsein. Damit füllen sie eine Lücke der städtischen Kulturpolitik seit Mitte der achtziger Jahre. Sie haben Biografien von Opfern erforscht, Stolpersteine verlegt und Kontakte zu Überlebenden gepflegt, sie haben die Verfolgung der Homosexuellen und der Sinti beschrieben und die Verbrechen der Kindereuthanasie aufgedeckt, sie haben ein Denkmal für die ermordeten Wehrmachts-Deserteure initiiert und die Geschichte der württembergischen Gestapo sowie Werdegänge prominenter NS-Täter erforscht, sie haben eine „Spur der Erinnerung“ von Grafeneck zum Innenministerium in der Dorotheenstraße organisiert, sie haben alternative Stadterkundungen und Fahrten zu ehemaligen Konzentrationslagern veranstaltet, Ausstellungen organisiert, Schulprojekte begleitet und Forschungslücken dokumentiert. Nicht zuletzt haben sie Gedenkorte verteidigt: die Deportationsgleise am Nordbahnhof und ganz besonders das Hotel Silber, das ohne bürgerschaftlichen Widerstand längst abgerissen wäre. Dieser Widerstand wurde von immer mehr Bürgerinnen und Bürgern unterstützt.
Der Streit ums Hotel Silber fand bundesweit Resonanz in der Presse und der Gedenkstättenlandschaft. „Stuttgart erblindet“ kommentierte die Zeit, und die Leiter der NS-Dokumentationszentren in Köln und Berlin stärkten der Initiative den Rücken. Die hiesige Politik begann umzudenken. Dies führte mit dem Regierungswechsel nach der Landtagswahl im März 2011 zur Entscheidung, das Gebäude für einen Lern- und Gedenkort zu erhalten. Er sollte zusammen mit der Initiative gestaltet werden; neue Wege der Bürgerbeteiligung galten ja als Markenzeichen der neuen Regierung.
Mit dem Erhalt des Hauses war das Versprechen verbunden, in gleichberechtigter Partnerschaft von Land, Stadt und bürgerschaftlicher Initiative den Lern- und Gedenkort zu realisieren. Zusammenarbeit „auf Augenhöhe“ wurde zugesichert, was mehr ist als „Einbindung“ von ehrenamtlicher Arbeit, sondern die Schaffung von Strukturen gleichberechtigter Zusammenarbeit voraussetzt. Unter dem Motto „Abriss verhindert – jetzt gestalten“ machte sich die Initiative an die Arbeit und präsentierte im September 2011 ihre konzeptionellen Vorstellungen im Stuttgarter Rathaus (Eckpunkte für einen Lern- und Gedenkort Hotel Silber)
Fast ein Jahr nach den Landtagswahlen, im Februar 2012, begann der Entwicklungsprozess endlich, und im Juni 2012 tagte erstmals der Runde Tisch Hotel Silber, dem Vertreter_innen des Landes, der Stadt, der Initiative, der Opferverbände, der Landeszentrale für politische Bildung, der Landesarbeitsgemeinschaft der Gedenkstätten und der Landesjugendorganisationen angehören. Hier machte die Initiative neue Erfahrungen. Ihre Vorschläge (unabhängige Prozessmoderation und Organisation der Einrichtung als Stiftung) wurden vom Tisch gewischt; die Ministerien ließen keine Teilnahme an der Entwicklung des Organisationsmodells zu. Die Initiative ließ sich auf die Trägerschaft des Hauses der Geschichte ein, weil sie zu diesem Zeitpunkt nicht erkennen konnte, dass diese Trägerrolle zur Aushebelung einer substantiellen Bürgerbeteiligung interpretiert und genützt werden würde.
Die Initiative brachte derweil ihre vielfältigen Kompetenzen, Verlässlichkeit und Stetigkeit in den Gestaltungsprozess der Inhalte ein: ihre kompetenten Historiker_innen und Forscher_innen trugen zum Grobkonzept der Dauerausstellung bei. Knapp die Hälfte der Veranstaltungen in den Auftaktreihen 2013 und 2014 wurde von der Initiative konzipiert und organisiert. Ein Vertreter der Initiative verantwortet zusammen mit Mitarbeiter_innen vom Haus der Geschichte die Organisation und Koordination der Veranstaltungsreihe 2014.
Ein lebendiger Lern-, Bildungs- und Begegnungsort soll entstehen
Im Hotel Silber soll ein lebendiger außerschulischer Lern-, Bildungs- und Begegnungsort entstehen, ein Ort gegenwartsbezogener Auseinandersetzung mit der NS-Geschichte Stuttgarts und Württembergs, und zwar einschließlich Vorgeschichte und Nachwirkungen. Hier sollen demokratisches Verhalten und die Akzeptanz menschlicher Vielfalt gefördert sowie Aktivitäten und Zivilcourage gegen alle Formen von Ausgrenzung und gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit gestärkt werden. Das Hotel Silber soll sich als Zentrum für Demokratie und Menschenrechte verstehen und in der Stadtgesellschaft verankern. Hier soll also mehr als ein Museum mit begleitendem Veranstaltungsprogramm entstehen, und dies kann nur im Zusammenwirken mit der Zivilgesellschaft gelingen. Es setzt daher die gleichberechtigte Beteiligung der Initiative in den Entscheidungs- und Gestaltungsprozessen des Hotel Silber voraus.
Unsere programmatischen Vorstellungen insbesondere für die Arbeit der Initiative im Hotel Silber:
Voraussetzungen des Gelingens
Die Initiative hat die Errichtung eines Lern- und Gedenkortes im Hotel Silber angestoßen und sich konstruktiv am Entwicklungsprozess beteiligt. Jetzt nimmt sie das immer weitere Abrücken von ursprünglich gegebenen Zusagen und die zunehmende Reduzierung bürgerschaftlicher Beteiligung auf „mitarbeiten ja, aber nicht mitentscheiden“ zum Anlass, Voraussetzungen für das Gelingen des Projektes zu formulieren.
Die Initiative Lern- und Gedenkort Hotel Silber will sich an der Weiterentwicklung des Projekts wie bisher schon konstruktiv beteiligen, sie erwartet jedoch, dass gegebene Zusagen eingehalten und die von der Landesregierung ausgerufene bürgerschaftliche Beteiligung nicht Schritt um Schritt zur inhaltslosen Formel wird.